Berlin ist aus der “Welt”

Weitgehend unbemerkt hat die “Welt” ihren Berliner Lokalteil eingestellt. “Liebe Leserinnen, liebe Leser, heute erscheint die ‘Welt’ zum letzten Mal mit dem vierseitigen Berliner Lokalteil”, teilte die Redaktion ihren Lesern am letzten Samstag (29. August 2015) mit. Die Begründung  klang etwas seltsam: “- weil wir Berlin noch wichtiger nehmen wollen als bisher schon.” Das Geschehen in der Hauptstadt, in der die Welt-Redaktion ihre Heimat habe, sei nämlich nicht nur für Berliner, sondern für die Leser im ganzen Land von großem Interesse. Die Welt-Reporter würden deshalb künftig vor allem mit überregionalem Blick auf die Hauptstadt schauen, die Berichterstattung aus Berlin werde in allen Ressorts ausgebaut. “Wir hoffen, dass Ihnen das gut gefällt.” Das wird man abwarten müssen. Hintergrund der Einstellung dürfte zunächst einmal sein, dass der Vertrag zwischen den Verlagen Funke Mediengruppe und Axel Springer über einen Inhalteaustausch zum 31. August 2015 endgültig ausgelaufen ist. Danach lieferte die Mediengruppe, die 2013 von Springer unter anderem die “Berliner Morgenpost” gekauft hatte, der “Welt” den Berliner Lokalteil, im Gegenzug erhielt die “Morgenpost” die überregionalen Inhalte der “Welt”. Gleiches galt bis 30. April 2015 übrigens auch für das “Hamburger Abendblatt”, das ebenfalls von Springer an Funke gegangen war. Während in der Online-Ausgabe der “Welt” die Lokalteile für Berlin und Brandenburg sowie diverse andere Regionen wie Hamburg, Frankfurt oder München noch vorhanden sind, ist im Print nun definitiv Schluss. Damit geht Springer seinen Weg der Digitalisierung konsequent weiter. “Die Axel Springer SE ist der führende digitale Verlag in Europa. Bereits heute tragen die digitalen Medienkanäle knapp drei Viertel zu den Pro-forma-Konzern­erlösen bei”, heißt es auf der Webseite des Verlages. Noch 2002 hatte die “Welt” in ihrer Ausgabe vom 19. Juli unter der Überschrift “Der Hauptstadt-Blues” über das Sterben der Berlin-Seiten verschiedener überregionaler deutscher Tageszeitungen geklagt und am 23. Juli folgende “Richtigstellung” veröffentlicht: “Missverständlicherweise wurde dabei der Eindruck erweckt, dass nur noch die WELT einen eigenständigen Berliner Lokalteil anbietet. Dies gilt selbstverständlich auch für die in Berlin erscheinende “taz” (Tageszeitung), die ihren Lesern ebenfalls weiterhin einen Berliner Lokalteil anbietet.” Wie sich die Zeiten ändern.